Den Zeitungen fehlen Hooliganbilder

Es ist offensichtlich: Die Presse hat zu wenig Hooligan-Bilder. Genauer gesagt: Sie hat nur eines. Es stammt aus der Partie Schaffhausen-FCZ, zeigt eine richtige Prügelszene und wird von der Agentur Keystone angeboten. Dieses Bild findet sich circa alle drei Wochen in irgendeinem Blatt. Weil es häufiger einfach nicht mehr geht, greifen die Fotoredaktionen zur Bebilderung von Hooliganismus auf andere Fan-Bilder zurück. Ein journalistisches Unding.

Nach der Gemeinderatsdebatte zur Stadtzürcher Präventiv-Datenbank HOOLDAT (neu: GAMMA) bebildern sowohl NZZ als auch Tages-Anzeiger ihre Artikel mit Kurvenszenen. Die NZZ zeigt den Gästesektor im Hardturm bei einem Gastspiel des FC Basel und zwei Fans, die auf den Zaun geklettert sind und Leuchtfackeln in der Hand halten. Der besser erkennbare Fan ist vermummt. Die Bildlegende der NZZ: “Gewaltbereitschaft an Sportanlässen genügt, um in einer Datenbank registriert zu werden.” Den Abgebildeten wird also unterstellt, gewaltbereit zu sein. Dies schliesst die NZZ vermutlich aus der Vermummung und dem Hantieren mit Feuerwerk. Richtig ist: Feuerwerk in Sportstadien wird laut Verordnung zum Hooligangesetz (BWIS II) als “gewalttätiges Verhalten” taxiert. Diese Definition unterläuft aber die gängigen Vorstellungen von Gewalt und Gewalttätigkeit. So ist aufgrund dieses NZZ-Bildes nicht auszumachen, welchen körperlichen Schaden die Abgebildeten Dritten zugefügt haben oder bald zuzufügen gedenken.

Der Tages-Anzeiger zeigt ebenfalls einen Gästesektor (wohl in Basel) und Fans des FC Zürich. Zwei Fans haben den Zaun erklommen, einer der beiden ist vermummt und hält eine Leuchtfackel in der Hand. Im Hintergrund brennen weitere Fackeln. Die Bildlegende: “Im Visier der Politik: Zürcher Hooliganismus an einem Super-League-Fussballspiel.” Der Tagi geht also noch einen Schritt weiter als die NZZ und identifiziert die abgebildeten Personen als Hooligans im Sinne von Gewalttätern. Erneut ist aber nicht zu erkennen, welche Gewalttätigkeiten im gebräuchlichen Sinne von den beiden ausgegangen sind oder ausgehen werden. Beim nicht vermummten Fan handelt es sich im Gegenteil um einen Aktivisten der Zürcher Südkurve, der sich eher durch Besonnenheit und integrative Stärken als durch körperliche Rohheit einen Namen gemacht hat.

Bilder vermummter Fans, die Fackeln zünden, eignen sich als Blickfänge unzweifelhaft gut und bedienen die gewünschte Assoziation zu Gewalt. Nur – und das wissen mit Sicherheit sämtliche zuständigen Redaktorinnen und Redaktoren – vermummen sich diese Leute nicht, weil sie im nächsten Moment auf andere loszugehen gedenken, sondern weil sie mit dem Zünden einer Fackel gegen das Sprengstoffgesetz, die Stadionordnung und die Richtlinien der Fussballliga verstossen und unvermummt eine ordentliche Ladung Sanktionen und Bussen zu befürchten hätten.

Fackeln gehören nach Auffassung dieser Fans zu einer Fankurve wie Transparente, Fahnen und Gesänge. Dass die Fackelträger mit dieser Haltung gegen Gesetze und Reglemente verstossen, ist Fakt. Folgerichtig ist Feuerwerk in Stadien seit langem Gegenstand intensiver Diskussionen. Man kann (auch als NZZ oder Tagi) noch so berechtigterweise gegen diese Art von Fankultur sein: sie in die Nähe von Hooliganismus zu rücken, ist unzulässig. Sie aus Mangel an Bildern echter Hooligans in die Nähe von Hooligansmus zu rücken, ein Skandal. Oder zeigt eine Zeitung, die grad kein gutes Raserbild findet, zur Not auch mal ein falsch parkiertes Auto?

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4 Responses to Den Zeitungen fehlen Hooliganbilder

  1. theo says:

    In diesem Zusammenhang ist eine Aussage von FCZ-Präsident Ancillo Canepa anlässlich der Generalversammlung des FCZ von letzter Woche interessant: In seinem Jahresbericht kam er auch auf die Sicherheit in und um die Stadien, auf Gewalt und Pyro-Bussen zu sprechen. Nach der Feststellung, dass Pyro verboten sei, stellte er ausdrücklich fest, dass die Gleichsetzung von Gewalt und Pyro falsch sei. Diese Differenzierung traute man bis anhin ja nur dem FCB-Vize Bernhard Heusler zu …

  2. Kuschi says:

    Lieber Saro,

    bist Du verberbittert? Bist enttäuscht? Ich ja ziemlich enttäuschnend, wenn Du über eine Herzensangelegenheit herziehst. DER FCZ war Dein Heim und hat Dir immer geholfen…………………..DIe Jahre ändern sich und auch die Geschichte. Dass der FCZ neue Wege geht. Dass derr FCZ was Neues will, ist klarf. Du bist herzlich eingeladen, dem FCZ zu helden. Ud wir sind alles andere als sexistisch, glaube es mir. Du hast meine email-Adfresse und ich bin immer fr solche fragen da…………………….gruss kuschi

  3. admin says:

    Geschätzter Kuschi
    Der Kommentar ist wohl beim falschen Text gelandet. Eins weiter unten, oder? Aber der mit den Tippfehlern ist schon mal nicht schlecht. Falls absichtlich. Und falls nicht sowieso.

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