Mit dem rechten Fuss trifft man härter

(erschienen am 10.3.2011)

Von Weltwoche-Redaktor Andreas Kunz

Es waren hartumkämpfte Matches, die ich vor einigen Jahren mit meiner Mannschaft Deportivo La Habana gegen Pascal Claudes Traktor Emilie spielte. Meistens verloren wir zwar, aber soweit ich mich erinnere, traf ich immerhin einmal die Latte. Jetzt hat mich Pascal angefragt, ob ich für seinen Blog erklären würde, wie ich es vom linken Flügel der Zürcher Alternativ-Liga zum Rechtsfuss bei der Weltwoche gebracht habe.

Tatsächlich war ich als Fussballer unpolitisch. Ich flankte, passte und schoss mit links wie rechts. Das Leben war auch viel zu spannend damals, um sich für sowas wie Politik überhaupt richtig zu interessieren. Beim Bier nach den Spielen ging es zwar gelegentlich um die „böse SVP“ oder das „Blocher-Arsch“; ich aber fluchte lieber darüber, dass ich wieder nur die Latte traf. Irgendwann erlaubte ich mir bei einer Diskussion (ich glaube, es war zum Thema „Asylanten“), trotzdem eine Bemerkung. Ich hatte das grösstmögliche Pech: Dass die Geschichten einiger Flüchtlinge frei erfunden sein könnten, war Teil der „SVP-Propaganda“. Ich kann mich noch gut an die Blitze in den Augen gewisser Mitspieler erinnern. Ab sofort konzentrierte ich mich wieder darauf, nicht mehr nur die Latte zu treffen. Hin und wieder konnte ich aber nicht widerstehen, den gelegentlichen politischen Gottesdienst abseits des Spielfeldes zu stören. Dass ich immer seltener Pässe zugespielt bekam, lag aber sicher an meiner abnehmenden Leistung (infolge zunehmenden Gewichts).

Jedenfalls wurde ich auf dem Platz immer langsamer und gebrechlicher, und da auch die anderen Jugendfreuden sich dem Ende nahten, brauchte ich einen Ausgleich – und beschäftigte mich immer mehr mit Politik, als Journalist auch berufshalber. Was ich auf den Redaktionen von „Facts“ und „Sonntagszeitung“ teilweise erlebte, erinnerte mich an die Diskussionen bei der Alternativliga. Kaum hatte ich etwas eingewendet, das sich zufällig mit der „SVP-Propaganda“ deckte, schossen diese Blitze aus den Augen. Es herrschte ein Konsens, der jeglicher journalistischer Diskussion spottete. Ich überlegte: gibt es auf der linken Spielwiese tatsächlich keine Missstände, keine Fehler, keine unlauteren Absichten? Kaum. Zwar füllte ich die Lücke in den Redaktionen anfangs nur ungern. Doch dass ich darauf von gewissen Kollegen immer weniger auf ein Bier eingeladen wurde, lag sicher an ihrer Vergesslichkeit.

Die politische Einfalt im links-urbanen Milieu war mir bald nicht nur suspekt, sondern etwas viel schlimmeres passierte: ich langweilte mich furchtbar. Und bevor ich in eine Depression verfiel, da ich mich doch erst grad von meiner lustigen Jugend verabschiedet hatte, erschuf ich mir einen neuen Spass: Ich begann, systematisch die andere Meinung zu vertreten. Ich provozierte. Schwierig war das nicht. Es brauchte wenig, um bei gewissen linken Freunden diese mittlerweile lustigen Augenblitze hervorzurufen. Dass ich in der Folge gelegentlich als „Mörgeli“, „SVP-Arsch“ oder sogar als „Nazi“ beschimpft wurde, lag sicher daran, dass ihnen einfach die guten Argumente ausgegangen waren.

Irgendwann schrie ein Redaktionskollege: „Geh doch grad zur Weltwoche!“. Und kurz darauf lud mich Roger Köppel tatsächlich auf einen Kaffee ein. Er machte mir ein Angebot; ich sagte, so ganz seiner Meinung sei ich aber nicht immer. Er versprach, mir sämtliche Freiheiten zu lassen. Und genauso ist es herausgekommen: Ich erlebte noch nirgends sonst, weder bei einem Fussballklub noch auf einer Redaktion, eine grössere Freiheit, eine grössere Debattierlust, eine grössere Absenz jeglicher Moral-Keulen. Und der Spass, die andere Meinung zu vertreten und damit einen wichtigen Beitrag zum politischen Diskurs zu liefern, hat nicht abgenommen. Im Gegenteil: Die Empfindlichkeit der teils schrecklich selbstgerechten Linken zeigt: Mit dem rechten Fuss trifft man auch künftig härter.

P.S. Pascal Claude fragte mich noch, ob ich bei dieser Gelegenheit Transparenz über „die Geldgeber der Weltwoche“ herstellen könne. Ich kann das gerne machen: es sind die Firmen, die jede Woche bei uns inserieren und die Leser, die das Heft kaufen. Gemäss meinen sehr zuverlässigen Quellen existieren keine „dubiosen Geldgeber“, wie es immer so schön heisst. Sollte aber jemals irgendwer einen solchen aufdecken, verspreche ich, dass wir von diesem Geld Traktor Emilie ein neues Trikot kaufen. Der Sponsor bleibt dubios im Hintergrund, versteht sich.

(Anm. d. admin.: Es handelt sich hier weder um einen Fake, noch habe ich dem Text etwas hinzuzufügen. Sie vielleicht? Die Kommentarfunktion ist wie immer aktiv, und Andreas Kunz würde sich über Reaktionen freuen, wie er sagt.)

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14 Responses to Mit dem rechten Fuss trifft man härter

  1. Sinkender Stern Belgrad says:

    Wie ist es möglich, dass Punks die Schliessung der Grenze fordern, wie das Andreas Kunz in der letzten Weltwoche getan hat?

  2. din_Vater says:

    Herr Kunz, jetzt wo sie mit ihrer systematisch anderen Meinung in der politischen Einfalt des rechts-ruralen Milieus und somit im Mainstream angelangt sind, sollten sie da nicht ihrem Prinzip folgend wieder die andere Meinung vertreten? Aber nein, Ihnen geht es ja lediglich darum härter zu treffen, was ist denn schon Moral und Ethik, die braucht doch kein Mensch.

  3. blotto says:

    Die Lust gegenteilige Positionen zu übernehmen ist mir sehr gut bekannt, auch bei mir eher neben denn auf dem Feld (hier beschränkt sich mein Einsatz darauf den Rucksack für wesentlich flinkere Leichtgewichte zu mimen). Ich schätze es ungewollter Störfaktor in homogenen Massen zu sein und vielleicht dem einen oder der anderen damit in letzter Minute den sichergeglaubten Abschluss zu vermiesen.

    Es scheint jedoch als sei ich den anderen Weg gegangen, mein linker Haken macht mit mehr Freude während der Rechte sich darauf beschränkt den gelegentlich mahnenden Zeigefinger zu heben.

    Nun, da ich als 5. Liga-Spieler und höchstens gelegentlicher Matchbericht-Schreiberling natürlich wesentlich weniger interessant bin als eine geläuterte Weltwochen-10, komme ich doch noch zur Sache: Denke Sie allen ernstes die politische Einfalt im links-urbanen Milieu sei eine andere Einfalt (Vielfalt in der Einfalt, wie erquickend) als diejenige der rechts-ländlichen? Aus dieser Ecke kommend kann ich das klar verneinen. Je polarer die eine Einfalt nämlich ist, desto eher trifft sie auf die Andere. Unheimlich unheilig wie sich hier die Spielanlagen gleichen.

    Ein Seitenwechsel ändert in aller Regel nur das Ziel des Spielgeräts, nicht die Taktik. Politischer Querpass um die Spielweise wechseln zu können? Wohl eher nicht.

  4. bout du monde says:

    Wie kommt Herr Kunz nur zum Glauben, er liefere “einen wichtigen Beitrag zum politischen Diskurs”?

  5. Edgar Wibeau says:

    Mit jeder Garantie, als Fussballer ist/war Alain besser, denn als Journalist. Wer sich davon überzeugen will, der lese die aktuelle Weltwoche. Mit seinem Berichtli über linke SRG Journis dribbelt sich Alain nicht nur ins mediale Abseits. Es ist, wie wenn einer über die Weltmeistermannschaft von Argentinien 1986 ein Porträt macht und Maradona vergisst. Diese so lächerlich konstruierte Provokation hat nicht einmal Grümpelturnierniveau. Dabei liebe ich Provokationen, aber bitte nicht so plumpe…
    Für die, welche nicht wissen um was es geht: Alain Kunz will beweisen, das SRG Journis seit eh und je links sind, weil jetzt mit dem einfachen Tagesschau-Redaktor Aebischer ein ehemaliger SRG Journi für den Nationalrat kandidiert.
    In seiner Story vergisst er aber Filippo Leutenegger (ehemaliger Chefredaktor und FDP Mitglied), Toni Schaller (ehemaliger Chefredaktor und LdU Mitglied), Norbert Hochreuthener (CVP), Maximillian Reimann (SVP, ok der war nur als Ansager und nicht als Journi tätig….) etc etc. Dafür erwähnt er eine Teilzeitredaktorin, die hin und wieder für 10v10 arbeitet und mit einem SP Mann liiert ist. Tolle Argumentation!

  6. admin says:

    Danke, Edgar Wibeau, aber er heisst Andreas Kunz. Alain Kunz gibt es auch, aber die beiden sind nicht ganz deckungsleich.

  7. andreas kunz says:

    lieber edmund, pardon, edgar wibeau. deine kritik hat leider einen kleinen faserriss im linken oberschenkel. leutenegger, hochreutener, schaller etc. sind alle seit ungefähr 137 jahren nicht mehr beim sf. bei meiner umfrage ging es um die aktuellen redaktoren. ich bin journalist, kein historiker. wenn es die woz damals verpennt hat, das sf zu kritisieren, dann hat es die woz damals halt verpennt. ich hab andere probleme: hab nämtlich immer noch keinen srf-redaktor gefunden, der mitglied einer anderen partei als der sp ist. falls mir jemand einen solchen nennen kann, ich würde es sofort schreiben.

  8. Edgar Wibeau says:

    Lieber Andreas
    Wenn es dir nur um aktuelle Redaktoren ging, wieso schreibst du, dass Schäppi bis 1996 noch SP Mitglied war? Damals war Leutenegger noch nicht einmal Chefredaktor, wahrscheinlich war er damals noch links, weil es dort die hübscheren Frauen gab… Uebrigens: Chefredaktor blieb er bis 2002… aber eben: passt nicht zu deiner These.
    Und das Reto Brennwald so rechts steht, dass man ihn auf dem linken Flügel losschicken müsste, damit er überhaupt noch auf dem Feld wäre, ist dir sicher auch nicht ganz unbekannt… Ein Parteibuch ist da nicht nötig.
    Nein, wenn ich als einfacher Primarlehrer deine lausige Recherche durchschaue, dann muss es ja ziemlich übel um diese stehen… Ich bleibe dabei: Grümpelturnierniveau, Kategorie Dorfvereine.
    Zudem: Journalisten sollten weder Aktien besitzen, noch in Parteien hocken und vor allem: Wissen wer sie bezahlt!

  9. Paul Wirz says:

    Liebe Debatierfreudige (mich eingeschlossen)

    Trifft der harte rechte Fuss die linke Selbstgerechtigkeit (oder umgekehrt) leidet der politische Diskurs!

    Gruess Pauletta

  10. david says:

    Kunz’ Stellungnahme finde ich höchst interessant.
    Blottos seiner übrigens auch.
    Die Weltwoche mag intern liberale und ehrenwerte Kommunikationsformen besitzen, extern dagegen ist ihr provokative, oft zynische Kommunikation nicht förderlich für den politischen Diskurs. Erstens ist stete Provokation ein sehr langweiliges Medium, zweitens schürt der Zynismus Extremismus jeglicher Art und ist demzufolge äusserst destruktiv (und nicht gut für die Schweiz, für das kämpft ja die Weltwoche). Ihr nationaler und radikalliberaler Kurs ist sehr bewusst gewählt, da es vermeintlich dem Mainstream entgehen soll. Leider schwimmt sie in der selben Sauce wie der Grossteil der Schweiz. Mit den immer gleichen Feindbilder (Bern, Brüssel, 68er, SF, SP, Kinderkrippen) langweilt sie und wird journalistisch somit unglaubwürdig. Die Weltwoche sucht ihre Mitarbeiter nicht nach Kriterien der Intelligenz und der Unbestechlichkeit aus, sondern nach ihrer Willfährigkeit gegenüber der wirtschaftlichen und politischen Macht (frei nach Meienberg). Am besten man besorgt sich Konvertiten. Diese haben es an sich, dass sie reflexartig und weinerlich schreiben…bei der Weltwoche scheinen einige davon am Pult zu sitzen, anders sind Köppels und Engelers Verunglimpfungen nicht zu erklären.

  11. Dr. Gonzo says:

    Es gab ja so eine klägliche Punk-Fraktion, die sagte: Die Gesellschaft ist schuld, dass ich so bin. Wie muss ich Kunz nun verstehen? Ist der linke Gesinnungsterror in der ach so schrecklichen Alternativ-Liga schuld, dass er so ist, wie er ist? Ist der Mann reine Knetmasse? Und jetzt so durchgeknetet, dass er es vor permanenter moralischer Empörung über alles, was links ist, nicht mehr schafft, Journalismus kühl zu servieren? Die Blitze in den Augen der anderen!

    Ich nehme mal an, das ist keine Satire. Aber wie kann man so ein weinerliches und selbstverliebtes Weichei sein (ich hoffe, das fällt nicht unter Beschimpfung, sonst bitte löschen – aber es ist wirklich die Frage, die mir in den Sinn kommt)? Der junge Kunz, der doch nur Fussball spielen wollte, aber überall lauerten die bösen, linken Bullies, die ihn umgehend als Nazi beschimpften. In was für einer behüteten Sonderwelt ist der Mann aufgewachsen, wenn er so etwas wirklich ernst meint? Was für ein schönes Märchen. Aber wenn man bedenkt, dass ein Mann mit dieser Schreibe und einem derart simpel zurechtgelegten Weltbild (akzeptieren die links mich nicht, tritt fest rechts drauf), ein Mann wie Knetmasse und ohne Prinzipien, Redaktor der angesehenen Weltwoche ist, braucht man sich ja wirklich nicht zu wundern, warum das Blatt vor die Hunde geht.

  12. admin says:

    Dr. Gonzo, es handelt sich hier zweifelsfrei um eine Beleidigung. Da sie aber wohlformuliert und begründet im Sinne von auf den Text bezugnehmend ist und Sie sich der Problematik der Beleidigung in Kommentarspalten bewusst zu sein scheinen, lasse ich sie stehen. Ich hoffe, ich habe mich klar ausgedrückt.

  13. Deliverance says:

    Interessant wäre zu erfahren, wo Kunz NICHT gleicher Meinung wie Köppel ist, gebetsmühlt er doch genau dessen Propaganda herunter: hie allmächtige, humorlose, intollerante Linke, hie unerschrockene, unabhängige, unbequeme Rechte. So gleichlautende, stromlinienförmige Statements gibt sonst nur noch der Revolutionäre Aufbau ab.
    Immerhin wissen wir jetzt, dass die Weltwoche von den Lesern und Abonnenten gekauft wurde, wie bei Firmenübernahmen üblich, werden diese durch künftige Konsumenten getätigt. Wer den Wirtschaftsteil der Weltwoch liest, weiss das. (Anscheinend tuts keiner)
    Wenigsten sagte er nicht, er sei früher ein Linker gewesen, wie die Leuteneggers, Somms und wie sie alle heissen.
    Sie waren und sind Opportunisten.

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