Mit Fussball und Fussfesseln fesselnd

Neulich hatte ich die Ehre, einen Abend in Berlin-Mitte mit Florian Ludwig zu bestreiten, Autor von “Mit Fussfesseln bin ich nicht so flott”. Ludwig erzählt aus seinem nicht unbedingt völlig linear verlaufenen Leben, und damit serviert er uns eine kleine Geschichte Berlins der letzten 20 Jahre.

Auf seinem Weg durch die Justizvollzugsanstalt Berlin-Moabit, durch besetzte Häuser und halbseidene Gegenden landet Ludwig auch irgendwann bei Tennis Borussia Berlin. b797Das Kapitel “Tennis ohne Schläger I” ist denn auch eines meiner liebsten im Buch, weil es alte Erinnerungen weckt: In einem Infoladen hält Ludwig plötzlich das Türkiyemspor-Fanzine “Victory” in den Händen – vor 15 Jahren geliebtes Tauschobjekt des “Knapp daneben” – und liest darin über TeBe und seine Fans. Und geht dann da erst mal hin, gegen Union. “Zum Ende des Spieles enterten die Berliner Einsatzbullen den Union-Block und prügelten sich einmal quer durch und wieder zurück”, liest man da, bis es am Ende des Kapitels, nach mehreren Insolvenzen und einer Handvoll Abstiegen heisst: “Die Spieltagsergebnisse verfolgte ich auf meinem kleinen Knastfernseher im Videotext mehr oder weniger regelmässig.”

Es ist eine feine Ironie, dass ein Buch mit Kapitelüberschriften wie “Na mein Junge” – Ludwigs Besuch bei seiner Oma im Altenheim mit Schnapsofferte frühmorgens – ausgerechnet bei “Trolsen” erschienen ist, einem doch eher als Spezialisten für Hauer-Literatur bekannten Verlag. Aber Qualität setzt sich eben überall durch. Oder um es mit den Worten des Autors zu sagen: “Da der Abwasch sich nicht von alleine macht, mache ich ihn.”

(Florian Ludwig: Mit Fussfesseln bin ich nicht so flott – Geschichten über Unterklassenfussball, Feierabendterrorismus und sonst so … Trolsen Verlag, Quickborn 2014.)

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