Wer ist wie glaubwürdig?

“Die private Sicherheitsbranche versteht sich als sinnvolle und notwendige Ergänzung zur Polizei, so dass sich diese vermehrt auf ihre wesentlichen Aufgaben konzentrieren kann.” Das schrieb am Dienstag dieser Woche Hans Winzenried, VR-Präsident der Securitas AG, in einem Gastkommentar in der NZZ. Was so eine “notwendige Ergänzung” auch sein kann, war einen Tag zuvor im St. Galler Tagblatt zu lesen: Das Kreisgericht St. Gallen verurteilte einen Securitas-Mitarbeiter wegen falscher Zeugenaussage zu Ungunsten eines FC-Basel-Fans zu einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 100 Franken. Zudem muss der Mann die Verfahrenskosten von 2950 Franken bezahlen.

Die Staatsanwältin hatte betont, einem privaten Sicherheitsmann komme eine erhöhte Glaubwürdigkeit zu. Diese leidet mit dem vorliegenden Urteil aber nicht zum ersten Mal. Ungern erinnert man sich an die Geschichten rund um die Delta-Security, deren Mitarbeiter sich in Mails und sozialen Medien auf bevorstehende “Schlachten” gegen Fussballfans freuten. Oder an jene Securitas-Angestellten, die im Auftrag von Nestlé Aktivisten von Attac ausspionierten. Ungeachtet dessen schlägt sich die vermeintlich hohe Glaubwürdigkeit seit Anbeginn im Hooligankonkordat nieder: Es reichen “glaubwürdige” Aussagen privater Sicherheitsleute, um einen Fan mit Stadion- und Rayonverbot zu belegen.

Nun folgt bekanntlich der nächste Schritt: Privatfirmen filmen im Auftrag der Swiss Football League (SFL) in und um Schweizer Stadien. Die Polizei winkt das durch. Über allem schwebt die erhöhte Glaubwürdigkeit. Die reklamiert auch die Polizei gerne und oft für sich, sie macht offiziell nie einen Fehler. In der aktuellen Ausgabe des Winterthurer Fanzines “Hecht” sind O-Töne von Polizeikameras festgehalten, die offenbar im Laufe eines Prozesses gegen einen Fan des FC Basel verwendet wurden. Erhöhte Glaubwürdigkeit tönt anders. Weil der “Hecht” weder eine Quelle nennt noch über ein Impressum verfügt, wird an dieser Stelle auf Zitate aus den Abschriften verzichtet. Was ihre erhöhte Glaubwürdigkeit aber nicht schmälert.

Mitten in diesem ganzen Prozess um Aussagen, Falschaussagen, Verurteilungen und Verschärfungen steht seit zehn Jahren die Anwältin Manuela Schiller. Soeben hat sie der Basellandschaftlichen Zeitung ein Interview gegeben. Eine lohnende Lektüre.

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