Das Schöne an den Fussballfans ist ja, dass nicht nur alle über sie reden, sondern auch alle über sie schreiben dürfen. Wer sich des Themas annimmt, erhält einen journalistischen Freipass. Alles ist erlaubt. Stimmen muss wenig. Aber klöpfen soll es!
“Bis zum ersten Toten” – so hiess vor zehn Tagen der Titel eines doppelseitigen Artikels in: 20minuten? Blick? Blick am Abend? Nein, in der NZZ am Sonntag. Der Lead des Artikels sagt: Die Klubs wursteln einzeln vor sich hin, die Klubpräsidenten beschönigen, die Liga kuscht und kuschelt.
Um die Forderung nach mehr Härte zu untermalen, zieht der Artikel zwei ausgewiesene Experten zu Rate: einen Stadionmanager, der sich unter anderem dadurch einen Namen gemacht hat, dass er hakenkreuztätowierten Hooligans einen Polterabend samt Stripperin organisierte. Und einen pensionierten Polizisten, der in seiner Dienstzeit die Veränderungen auf den Rängen nicht mehr mitbekommen hat und seither nicht müde wird zu erklären, wie man früher im Gegensatz zu heute noch durchgegriffen habe und dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis einer stirbt. Es tönt schon fast wie ein Wunsch.
Und dann schreibt man als NZZ-Journalist den ultimativen Satz: “Man sah Szenen wie aus einem Krieg.” Gemeint ist aber nicht Syrien, sondern der Aargau. Weiter wird behauptet, rund um den Cupfinal 2014 hätten “beide Fangruppen eine Spur der Zerstörung in der Bundesstadt” hinterlassen. Wie viel Sachschaden haben die FCB-Fans genau angerichtet an jenem Tag? A propos Sachschaden: Drei Millionen seien es, lesen wir, “welche die SBB jährlich für beschädigte Fanzüge ausgibt”. Stimmt nicht ganz. Die Sachschäden an Fanzügen betrugen vorletzte Saison 160’000 Franken. Also rund zwanzigmal weniger. Das sind die aktuellsten Zahlen. Woher sie stammen? Sie standen vor einem Jahr in der NZZ am Sonntag.
Dann kommt noch Dolf Früh zu Wort, Präsident des FCSG. Als gutes Beispiel. Einer, der seine Fans im Griff hat. Im Infoteil daneben ein Textchen mit Bild: “8. April 2015: St. Galler Chaoten in Aarau”. – Der Schweizer Fussball sei “ein Schlachtfeld”, lesen wir am Ende. Wann wir wohl mit den ersten Kriegsflüchtlingen zu rechnen haben?