Hexenkessel Süperlig?

Wir kennen die Bilder: Randvolle Stadien, grenzenloser Enthusiasmus, rekordhohe Dezibelwerte – das ist Fussball in der Türkei. So auch am ersten Spieltag der neuen Saison: 77’600 Zuschauer im Stadion! Sie möchten wissen, in welchem? In allen zusammen.

Die türkische Süperlig kämpft mit einem drastischen Zuschauerschwund. Gehörte die höchste türkische Liga lange zu Europas Spitzenreitern, kommt sie heute im Schnitt noch auf ein Drittel der Zuschauerzahlen aus der 2. Bundesliga. Grund für den Schwund ist Passolig. Passolig ist eine Fankarte, erdacht angeblich zur De-Anonymisierung der Zuschauer und damit zur Eindämmung der Fangewalt. Nur hat die Karte ein paar entscheidende Haken – und einen leicht unangenehmen Beigeschmack, wie die Seite “Türkische Blutgrätsche” nachvollziehbar aufzeigt:

Passolig ist eine Bank- bzw. Kreditkarte, die von der Aktif Bank vertrieben wird. (…) Die Aktif Bank gehört zur Çalık-Gruppe, die in den Geschäftsbereichen Bau, Energie, Finanzen, Textilien, Logistik und Medien (Sabah) aktiv ist. Dem Gründer des Konzerns, Ahmet Çalık, wird eine große Nähe zur Regierung nachgesagt. Das lässt sich nicht von der Hand weisen. Denn BeratAlbayrak, der Schwiegersohn von Präsident Recep Tayyip Erdoğan, wurde mit nur 29 Jahren der Vorstandschef des Unternehmens.

In den Fanszenen hat sich schnell Widerstand geregt gegen die Idee einer personalisierten Fan-Bankkarte: Kaum eine Gruppe, die sich nicht dem Boykott der Spiele angeschlossen hat. Während Amateurligen und zweite Mannschaften von den Ausweichbewegungen der Fans profitieren, entgehen den grossen Klubs Einnahmen in Millionenhöhe.

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