Eine Frage der Grösse

Regelmässig fahre ich ostwärts, an den See. Dort steht ein alter Hotelkasten, und seit bald zehn Jahren steht er leer. Ich spaziere oder laufe oder schwimme jeweils dran vorbei. Vor dem Hotel steht ein Laternenpfahl, und daran hängt das Schild der grossen Brauerei aus Rheinfelden, Dänemark. Während im Innern des Hotels alles, aber auch wirklich alles, vom Nachttischchen bis zum Rivellaglas, zu Kleinholz geschlagen wurde und an der Wand des einstigen Nachtclubs zu lesen ist “Ich will Bier, Mueter”, verrichtet draussen vor dem Parkplatz das runde Schild seine Arbeit, als wäre nichts gewesen. Überwachsen von Nielen, wartet es jeden Tag geduldig auf die Dämmerung, um dann, pling, sein Licht einzuschalten. Feldschlösschen strahlt, selbst in tiefster Nacht.

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Der lokale Getränkehändler sagt: Ja, Sonnenbräu, das wollten jetzt viele. Die einzige Frau an der Spitze einer Brauerei mache ihre Arbeit aber auch sehr gut. Die Leute, sagt der Getränkehändler, suchten das Regionale, sie wollten wieder wissen, wo ihr Bier herkommt und wem sie ihr Geld zahlen. Aber, sagt er dann, aber: Man sollte schon auch nicht vergessen, wie viele Leute eine Brauerei wie Feldschlösschen beschäftigt. Mit Sonnenbräu allein hätten die Leute nicht gegessen. Und wir nicht getrunken. So ist das mit dem Markt.

Es geht also auch um Versorgungssicherheit. Dass das Licht auch angeht, wenn nichts mehr geht. Vielleicht muss man den FC Basel auch so lesen in diesen Tagen, wo so viel Unschönes über ihn zu lesen ist. “Der FC Basel 1893 ist in seinem Selbstverständnis nicht auf Erfolge und Titel reduziert. Er will im Rahmen des sportlichen Wettbewerbes menschliche Werte vertreten und hochhalten”. Das sagt der FC Basel über sich selbst. Daran möchte er gemessen werden. Aber wahrscheinlich halt doch erst nach dem Essen. Was nützen mir menschliche Werte, wenn der andere gewinnt? Es ist furchtbar schwierig mit der Moral im Sport und wird noch viel schwieriger, wenn man sie für sich reklamiert.  Der FC Basel ist kein Quartierklub. Er hat eine fünfstellige Zahl von Jahresabonnentinnen und -abonnenten zufrieden zu stellen und einen Haufen Sponsoren, er hat Löhne zu zahlen und die Zukunft zu sichern. Das geht nicht allein mit nett und regional, auch wenn die zitierten Sätze aus der FCB-Charta tönen wie die Statuten eines Bioladens. Das Licht muss angehen am Rhein, jederzeit und verlässlich. Und dafür wird halt auch mal Notstrom aus fremden Kraftwerken zugekauft.

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One Response to Eine Frage der Grösse

  1. Lars: L says:

    Sehr schön, danke!

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