“Fremd jubeln” und “falsche Töne um die Hymne”

In der heutigen WOZ führt der Schriftsteller Pedro Lenz die Diskussion um Doppelbürger weiter, und er wird wie gewohnt und geschätzt deutlich: “Wir dürfen vermuten, der neumodische Ruf nach der Hymne sei eine versteckte Form von Fremdenhass”, schreibt Lenz über die Nationale Offensive vornehmlich des Ringier-Blattes und seiner willigen Vollstrecker, den Journalisten aus dem Newsroom. Nach den Fussballfans sind es nun die Fussball spielenden Doppelbürger, die der “Blick” an die Wand stellt: Hier, liebe Leser, sehen Sie, wer die Hymne singt und wer nicht! Und der “Blick” erntet das Gesäte in Echtzeit: “Abschaffung der CH-Doppelbürgerschaften”, lärmt es aus den Kommentarspalten.

“Es kommt einem vor, als verlangten die Ureinwohner von ihren neuen Landsleuten einen Beweis der Heimatliebe, den sie selbst nie erbracht haben”, schreibt Pedro Lenz weiter und nennt das Beispiel Heinz Herrmanns, der die Nationalhymne “118 Mal nicht gesungen” habe. “Wir können uns nicht erinnern, dass ihm jemand wegen seines Nichtsingens Vorwürfe gemacht hätte.”

Als jüngster Vogel flog Adrian Nikci Walders Chauvinistentruppe ins Netz: Er habe nach seinem ersten Tor für Hannover 96 “fremd gejubelt”, ist zu lesen. Nikci hatte, wie zuvor schon Kasami bei Palermo, die Hände zum albanischen Adler gefächert – eine Todsünde. Der Müll von der Dufourstrasse hat aber seinen täglichen Unterbau, wenn etwa 20minuten in seinem Söldner-Check konsequent nur jene Schweizer berücksichtigt, die nicht für die Auswahl eines anderen Landes spielen. So werden etwa Petric, Kuzmanovic oder Rakitic übergangen, während die nicht stattfindenden Einsätze eines Marvin Hitz Mal für Mal erwähnt werden. Das ist in Kurzmeldungen verpackte Politik, verantwortet von der Sportinformation SI, bereitwillig übernommen von den allermeisten Sportredaktionen. “Was folgt, wenn alle Eingebürgerten die Nationalhymne sauber vorsingen können?”, fragt Pedro Lenz. “Wir wollen es lieber gar nicht wissen.”

 

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