Das Schweigen der Blickblätter

Seit Tagen berichtet der Tages-Anzeiger/Newsnet scheibchenweise über einen 25-jährigen Schiedsrichter und Juniorentrainer aus dem Raum Zürich, der sich eine Gang aus Minderjährigen zusammenstellte und mit dieser andere Kinder und Jugendliche bedrohte, erpresste und zum Teil brutal zusammenschlug. Wie den Texten zu entnehmen ist, stammt der Mann “aus einer bekannten Fussballerfamilie”. Sein Vater sei Profispieler gewesen und habe 2010 eine hohe Funktion in einem Super-League-Verein verloren.

Es muss bei all diesen Angaben nicht hauptberuflicher Journalist sein, wer herausfinden möchte, um welche Familie es sich hier handelt. Umso erstaunlicher deshalb das Schweigen der Ringier-Blätter. War man im Zusammenhang mit dem vermeintlichen “Petardentrottel” von Rom eben noch als Hüter des sauberen Fussballs unterwegs, scheint die Gang-Story auf der Blick-Redaktion Tabu. Warum? Sie hat schliesslich alle Ingredienzen einer wunderbaren Boulevardgeschichte: berühmter Vater, missratener Sohn, Gewalt, Drohung, Erpressung, Fussball, minderjährige Opfer. Aber offenbar gibt es bei Ringier geeignete und weniger geeignete Zielpersonen für Kampagnen.

Wir erinnern uns: Dem Vater des beim Petardenvorfall schwer Verletzten, einem Schulpsychologen, wurde erzieherisches Versagen unterstellt, ohne dass bis heute klar ist, inwieweit den Sohn für die Explosion und die erlittene Verletzung eine Schuld trifft. Der Blick nannte Vorname und Wohnort des Sohnes, zeigte ein Bild des Hauses, nannte und verlinkte die Automarke der Eltern (weil es immer gut ist, mit Skandalen und Verletzten noch etwas Werbegeld zu generieren?), rief am Arbeitsplatz des Sohnes an. Den Vater jenes 25-Jährigen Gang-Führers, der u.a. Filme der Misshandlungen in Umlauf brachte, lässt man in Ruhe. Wie sagte doch eben noch der Blick-Sportchef: “Wir bleiben unserer Linie treu.” Fürwahr, so siehts aus.

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3 Responses to Das Schweigen der Blickblätter

  1. Roger says:

    Ich habe genau das gleiche gedacht.

  2. admin says:

    Hinweis betr. Comments: Einträge, die mit dem Namen der betr. Familie spekulieren oder mit Links darauf hinweisen, werden nicht freigeschaltet bzw. gelöscht. Danke für euer Verständnis.

  3. Benibunny says:

    Damit hätten wir wiedermal eines meiner heissgeliebten Rätsel 🙂

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