Samstag im Eichli

Am Samstag war ich in Stans an einem Fest. Genauer im Ortsteil Eichli, das ist der Streifen zwischen der A2 und dem Bürgenstock. Dort liegt das Schützenhaus, wo das Fest stattfand, und dort liegt auch der Sportplatz des FC Stans. Im Klublokal steht ein Fernseher, und so nützen wir die Zeit vor dem Fest mit dem Konsum einiger Fussballspiele, einiger Eichhofbiere und, als es kühler wird, einem Kafe Zwetschgen. Es kostet 4.20 und ist genau so, wie ein Zwetschgen sein muss, wie ein Zwetschgen nicht anders sein darf. Auf der Schaffhauser Breite war es ja neulich so, dass ich selber sagen durfte, was ich drin haben will. Das ist schon auch gut. Besser ist es aber, wenn, wie jetzt in Stans, die Bedienung stumm einer jahrhundertealten Tradition folgend die richtige Mischung bereits vorbereitet hat und nur noch heisses Wasser darübergiessen muss.

Schweiz-Lettland. Wir setzen uns zur zweiten Halbzeit dazu. Es sieht aus, als würden sie mit einem Medizinball auf meterdickem Moos spielen. Sehr schwerfällig, angestrengt, zäh. Schweiz-Spanien U21. Das sind ja alles auch schon gestandene Profis, aber bei den meisten wirken die Leibchen zu gross. Bei Lustenberger zum Beispiel.

Ein Vater kommt mit seinem Sohn ins Lokal. Nach langem Überlegen erkenne ich im Vater den Dorfkonditor. Vom Nebentisch ruft jemand dem Sohn zu: «Was habt ihr gemacht?» «Verloren, acht sieben gegen Alpnach», antwortet er, nicht sonderlich betrübt. Klingt ja auch nach einem lustvollen Spiel. Dann kriegt er vom Vater einen Hamburger mit Pommes Frites für sieben fünfzig.

Draussen spielen die A-Junioren im Flutlicht gegen einen schwächeren Gegner. Ich staune über die Vernunft und Fairness, die sich in heiklen Momenten offenbart. Der dicke Schiedsrichter könnte sich glatt verdünnisieren. Nach einem Goaliefehler fällt kurz vor der Pause endlich das erste Tor. Wir gehen wieder rein, wo Podolski und Ballack gegen die Russen getroffen haben. Dann beginnt das Fest.

Von 1979 bis 1984 war ich oft im Klublokal des FC Stans. Ich hab damals meist Orangenmost getrunken, dieses nur in Nidwalden erhältliche, unvergleichliche Mischgetränk aus Orangina und Süssmost, produziert von der Mosterei Käslin in Beckenried. Sie verkaufen ihn im Klublokal auch heute noch, den «roten Most», wie er im Volksmund heisst. Auch am Lokal selbst hat sich äusserlich wenig verändert, eine Baracke, braun gestrichen. Innen haben sie aber renoviert, die tiefe Decke rausgerissen, den Raum höher und heller werden lassen. Am Fest treffe ich Martin. Er ist immer noch im Verein, bei den Senioren. Ob ich gemerkt hätte, dass die Decke neu sei, will er wissen. Dafür sei er verantwortlich gewesen. Wir reden über die Faszination der Klublokale von Amateurvereinen. «Klar», sagt er, «unseres ist eine alte Baracke. Aber oft sind die neuen einfach lieblos. Es darf nichts kosten, und darum stellen sie halt so ein Betonhäuschen hin ohne Atmosphäre. Unser Klublokal hat etwas, finde ich.» Und dann erzählt er von Horw, wo er am frühen Abend war, um das Spiel der zweiten Mannschaft des FC Stans zu sehen. «Die haben auch ein neues Klubhaus. Aber das ist sehr gelungen. Geh dir das mal anschauen, wenn du dort bist.»

Am nächsten Morgen lese ich zum ersten Mal die Sonntagsausgabe der «Neuen Luzerner Zeitung». Im Sportteil ist eine Seite dem Regionalfussball gewidmet. Stans hat gegen Brunnen II auswärts zwei zu null gewonnen. Von den Spielernamen sagt mir keiner mehr etwas. Aber einer fällt mir auf: Atac. In der 80. Minute eingewechselt. Als Stürmer.

 

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