Der Cup lebt davon, dass die grossen Klubs bei den kleinen zu Besuch sind. Und wirklich lustig und spannend sind solche Matches nur für die Anhänger des kleinen Klubs. Die grossen Vereine können dabei nur verlieren: Alle erwarten einen diskussionslosen Sieg und mit jeder Minute, in der das Tor für den grossen Klub nicht fällt steigt bei den Fans des unterklassigen Vereins die Anspannung und die Hoffnung auf eine Sensation . So einfach funktioniert der Cup und deshalb schätzen Fussball-Liebhaber den vernachlässigten Wettbewerb. Neun von zehn Cup-Spielen laufen nach gleichem Drehbuch ab und sind schnell vergessen. Man könnte sie auch in der Pause abpfeifen. Aber jener Match, der der Logik nicht gehorcht und die Verhältnisse auf den Kopf stellt, bleibt unvergesslich. Besonders wunderbar sind siegreiche Cup-Matches für die Anhänger von Klubs, die schon bessere Zeiten erlebt haben. Es ist die Gelegenheit, sich der Fussball-Schweiz in Erinnerung zu rufen. Mir geht nicht aus dem Kopf, wie ein Reporter nach einem Cupmatch in La Chaux-de-Fonds vor ein paar Jahren die Tränen der alten Männer auf der Tribüne beschrieb, die nach dem Sieg gegen das damals noch übermächtige Servette einfach überwältigt und überfordert waren. Das Leiden und die Enttäuschung über den schmerzhaften Niedergang des einstigen Schweizer Meisters aus dem Jura war für einen Abend aus der sonst so trostlos leeren Charrière vertrieben.
Cup-Auftritte der Grasshoppers in der Fussball-Provinz sind besonders gut geeignet für Träume. Vor allem, wenn der Rekordmeister nicht unüberwindlich erscheint. Als GC 1992 im Cup nach Rorschach fuhr, wartete ein ganzes Städtchen gespannt auf die Stars in Blauweiss, die im Europacup Sporting Lissabon ausgebootet hatten: Giovane Elber im Sturm, Alain Sutter, Johann Vogel und Ciriaco Sforza im Mittelfeld und Marcel Koller, Murat Yakin und Ramon Vega in der Verteidigung hätten auch als Jahrhundert-Elf auf dem Wankdorf statt auf dem Pestalozzi-Platz auflaufen können. Aber die lokalen Fans wussten auch, dass GC in der Meisterschaft zur Überraschung aller kein Bein vors andere brachte. Das Spiel endete 1:8 und war schnell entschieden gewesen. Es war gerade das eingetreten, was die kleinen Klubs im Cup so sehr fürchten: Die jungen und hungrigen Stars aus Zürich revanchierten sich mit jedem Tor für die Kritik, die sie zu Hause wegen durchzogener Auftritte in der Meisterschaft eingesteckt hatten. Denkwürdig blieb der Abend dennoch: Nach dem Cupmatch drängten hunderte von Fans ins Festzelt, um den berühmten GC-Trainer Leo Beenhakker bei der öffentlichen Pressekonferenz aus nächster Nähe zu erleben. Der stolze Medienchef des FC Rorschach begrüsste den Star-Trainer der Grasshoppers in breitem Ostschweizer-Dialekt und fragte schliesslich: „Wiä hätene dLeischtig vo ehrem Team gfalle?“. – Darauf der weitgereiste Weltenbummler Beenhakker mit einem Schmunzeln: „Ich verstehe zwar kein Wort, von dem was sie sagen, aber es war ein sehr gutes Spiel von beiden Mannschaften.“