Ist die Liga zu gross?

“Also der hat kein Geld”, sagten sie, “der hat ganz sicher kein Geld.” Gegen Ende der Veranstaltung, es war vor zehn Tagen, dachten wir noch kurz laut über Servette nach, im Plenum. Ob es wirklich so arg steht um den Klub oder ob der Herr Pishyar mit dem Hilfeschrei vielleicht einfach nur etwas Druck machen wollte, auf wen auch immer. Die drei Kollegen des österreichischen “ballesterer”-Fachmagazins, vertraut mit der jüngeren Geschichte von Admira Wacker, beendeten dann das kollektive Sinnieren schnell und unzimperlich, mit einem fast mitleidigen Lächeln: “Der Pishyar? Na der hat ganz sicher kein Geld.”

Die Liga steht vor einer möglichen Reduktion auf 8 Teams. 50 zu 50 stünden die Chancen, sagt Liga-Präsident Schifferle. Doch eine Liga mit 8 Teams ist keine Perspektive. 10 sind schon wenig. 4 Begegnungen jedes Jahr, das nimmt den Derbys die Kraft und den Klassikern die Aura. Was ist denn, nebst all den Konkursen, noch passiert in den letzten Jahren?

Mit der Einführung der 10er-Liga und dem traurigen Etikett Super League verschärfte die SFL die Zulassungskriterien für die höchste Schweizer Profiliga. Das war ein verständlicher Schritt vor dem Hintergrund all der Miss- und Schattenwirtschaft, unter denen Vereine wie Lausanne, Sion, Servette, Lugano, Luzern oder Wil fast oder ganz eingebrochen waren. Die Auflagen für eine Lizenz sind streng, und sie betreffen nicht nur das Jahresbudget: Ein harter Trennstrich wird seit einigen Jahren bei den infrastrukturellen Kriterien gezogen. Wer kein modernes 10’000er Stadion hat oder kein pfannenfertiges Projekt für ein solches vorweisen kann, entfällt als Kandidat für Oberklassenfussball. Hierbei orientiert man sich an Uefa-Kriterien, an Sicherheitsstandards. Das ist logisch. Ist es aber auch richtig?

Zum einen haben sämtliche relevanten Vorfälle von Fangewalt der jüngsten Zeit in modernen Stadien stattgefunden. Im Wiler Bergholz ging es nicht wüster zu und her als im Basler St. Jakob Park oder im Letzigrund-Neubau, ein neues Stadion bietet also nicht zwingend mehr Sicherheit als ein altes. Zum andern garantiert eine moderne Arena noch lange keine verbesserte finanzielle und sportliche Perspektive: Den positiven Beispielen Basel, Bern und (bis jetzt) Luzern und Thun stehen Genf, Zürich, St. Gallen und Neuenburg gegenüber, wo trotz oder wegen eines Neubaus erhebliche finanzielle Probleme entstanden sind, die zum Teil nebst den Vereinen auch die Kommunen stark belasten. Das Heil in infrastrukturellen Auflagen zu suchen, ist deshalb trügerisch.

Sportlich haben die “Kleinen” der Liga kaum je geschadet. Seit Einführung der 10er Super League 2003 hatte der Tabellenletzte und damit direkte Absteiger immer mehr als 20 Punkte, was für die Kompetitivität der Aussenseiter spricht. Die Fälle Xamax und Servette vor Augen, ist nicht einzusehen, weshalb ein kleiner, aber solide geführter Verein mit einem zwar veralteten, aber immer noch brauchbaren Stadion in der Super League weniger zu suchen hat als ein vermeintlicher Grossklub mit einer neuen Schüssel, aber schusseligen Funktionären und fehlendem lokalen Support. Sicher: Es stellt sich in diesem Moment die Frage, ob die Super League zu gross ist für den Schweizer Markt. Die Option einer 8er-Liga ist deshalb nachvollziehbar – aber nur unter den gegebenen Bedingungen. Und die zu überdenken oder anzupassen drängt sich meines Erachtens ebenso auf wie der Gedanke an eine weitere Reduktion.

 

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17 Responses to Ist die Liga zu gross?

  1. David says:

    Hmm, nur bedingt, Admin. Bessere Infrastruktur geht grundsätzlich immer überein mit höherer Sicherheit. Was nicht heisst, dass die Zuschauer sich wegen der besseren Infrastruktur plötzlich artig benehmen. Das wäre tatsächlich ein Trugschluss. Doch die stetig ansteigenden Zuschauerzahlen zeugen auch von einem höherem Sicherheitsgefühl. Aber das Lobpreisen von wackligen Holztribünen und unhygienischen Toiletten wäre mir dann doch zu romantisch. Dein Blog finde ich dennoch interessant, denn vielleicht sind die Anforderungen für die SuperLeague tatsächlich zu hoch. Eine Achterliga wäre fürchterlich. Eine 14er Liga mit Playoffs (Top 8) und Playout (jeweils mit best of three) nach 26 Spielen und einem einzig gespielten Finale entspräche am ehesten meinen Vorstellungen.

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  3. Floyd says:

    Playoff? Playout? Best-of-xy? Als Fussball-Fan schaudert’s mir, wenn ich solche Begriffe nur schon höre. Vielleicht müsste man’s einfach anders nennen, aber nein: Diese Endspiele möchte ich nicht. Im Cup hat man das, was völlig ausreicht. Ansonsten soll die Liga eine echte Liga bleiben – mit wievielen Teams auch immer. Persönlich sähe ich auch gerne 12 oder 14, aber das hängt wie schon geschrieben mit den SFL-Auflagen zusammen, ob machbar. Und nicht zuletzt wäre es vielleicht auch mal an der Zeit, der ganzen Geschichte etwas Stabilität zu verleihen.

  4. admin says:

    Ohne romantisch zu werden – im Sinne klingender Ortsnamen wie Chiasso, Aarau oder Winterthur – wirst du eine 14er-Liga aber kaum hinkriegen, David. Oder denkst du beim Sicherheitsgefühl an Indoorfussball in der Kolping-Arena?

  5. David says:

    Winterthur gehört bekanntlich zu den grösseren Städten in der Schweiz. Aber die Sirup&Bier-Kurve verleiten tatsächlich zum Romantisieren.
    Doch das war gar nicht meine Aussage, sondern das höhere Infrastrukturauflagen die Wahrscheinlichkeit der Sicherheit erhöhen. Sehr simpel. Und ich hab dir recht gegeben, dass es eine Diskussion wert ist, ob die Infrastrukturauflagen nicht zu hoch angesetzt wurden. Diese müsste spätestens vor der Einführung meiner genialen Idee der 14er Liga geführt werden.
    @ Nun zum Romantiker II, Floyd. Stabilität betreffend Modus wird es in der Schweiz nie (oder für die nächste lange lange Zeit) geben. Die Wirtschaftlichkeit der Vereine ist zu schwach und das Land zu klein, um den “wahren” Modus zu finden.

  6. Das Zwölf hatte dem Thema einmal eine Titelgeschichte gewidmet: http://www.zwoelf.ch/zwlf-11
    Ich kann mich allerdings nicht mehr erinnern, wieviele Teams dort vorgeschlagen wurden, und zum Suchen in der entsprechenden Ausgabe fehlt mir gerade die Motivation. 14 waren es mit Sicherheit nicht, und fussballfeindliche Anhängsel wie Playoff und Playout wurden zurecht ebenfalls nicht erwähnt.

  7. Kummerbube says:

    Ich würde die gute alte 18er Liga wieder einführen. Hin- und Rückspiel. Die letzten 2 steigen ab. Dann würden die Spiele auch wieder erschwinglicher werden, für 8 Franken gegen Kriens und Etoile Carouge – wie früher, herrlich! Klar ist auch, dass dann ein Basel und YB über Jahre hinaus alles dominiert, aber das wird sich mit den Zuschauerzahlen gegen eben diese Kleinstvereine schnell einpendeln. Das Lohnniveau der Spieler würde auch rapide sinken. Und wenn das den meisten nicht passt – dann los, auf nach Europa meine Herren! Die haben ganz bestimmt noch auf euch gewartet!

    Ich will wieder am Sonntag Nachmittag im Bratwurstrauch hinter dem Gitter stehen. Und wenn das des diktatoren der UEFA nicht passt, sollen sie ihre Kommerzveranstaltungen halt ohne Schweizer Vereine abhalten. Liebt ihr den Fussball oder die Sicherheit? Das wird natürlich nur mein Wunschtraum bleiben, zuerst müssen noch GC, Züri und 2, 3 andere zu Boden.

  8. David says:

    Wer kennt sie nicht, die gute alte 18er-Liga? Also ich nicht. Meines Wissens wurde auf die Saison 81/82 eine 16er Liga gebastelt. Nach 6 Jahren war auch dieser Modus passé. Mehr Klubs als 16 fanden sich in den letzten 80 Jahren aber nie in der obersten Liga wieder.
    @Lukas, vermutlich waren es zwölf…interessant wäre herauszufinden, was fussballfreundlich und fussballfeindlich ist? Natürlich darf man die Begrifflichkeiten ändern und aus Play-off “die Entscheidungsphase” und aus Play-out “den Absteiger ausjassen” machen.
    Erstaunlich ist, wie traditionell gewisse Fussballfans sich plötzlich geben, die sich aber eigentlich progressiv nennen hören wollen. Tradition hat sehr wohl Platz, aber nur wenn es Sinn macht. Und kein Modus und auch keine bewusst verordnete Sicherheitsstandards haben es in der Schweiz effektiv zum Prädikat traditionell geschafft. Debatten sind gefragt statt vermeintlicher Traditionalismus.

  9. Kummerbube says:

    Ist doch eigentlich sehr egal, ausser man ist etwas kleingeistig, ob es die 16er oder 18er Liga war. Der Modus mit Hin- und Rückspiel gefiel. Und diesen wollte ich mit meinem Posting zur Debatte stellen, so wie man gerne auch wieder über den “Finalrunden-Modus” diskutieren sollte.

    Ach ja, der Fussball lebt übrigens von der Romantik. Wären sonst die traurigen Darbietungen jedes Wochenende zu ertragen? Nein. Also schweift man immer mal wieder in die alten, besseren Zeiten ab, und seien sie auch noch so verklärt.

  10. David says:

    Kummerbube, du musst ein GC-Fan sein.
    So traurig sind die Darbietungen nicht, sonst würden nicht Teilnehmer dieser Liga fast regelmässig im Europacup italienische Spitzenteams auswärts besiegen. Das gab es in deiner guten alten Zeiten nicht.

  11. Kummerbube says:

    Ja David, korrekt. Aber auch die Spiele des FC sind doch nicht wirklich herzerwärmend, oder?

    Fast regelmässig? Züri in Mailand, Thun in Palermo, zuvor mal noch Lugano in Mailand, aber sonst? Mit der ganzen tollen Infastruktur die wir hierzulande haben, müsste dies noch viel öfter geschehen! Jeder Dorfclub hat bei uns mindestens einen Rasenplatz, etwas das man in Italien fast nirgends antrifft.

  12. David says:

    Roma -Basel 1:3 nicht vergessen … und das hat sich eben in erst in letzter Zeit gehäuft. Früher in deiner grossartigen Zeit, als noch Chenois und Nordstern in der orbersten Liga mitkickten, hat es nur dein Herzverein geschafft (nach Elfmeterschiessen gegen Torino) einen Italoverein rauszuschmeissen.
    Übrigens dank (u.a.) der tollen Infrastruktur haben wir im Vergleich zur Serie A (natürlich im Verhältnis zur Fussballkultur und Grösse der Städte) überragende Zuschauerzahlen.

  13. Kummerbube says:

    ..nur waren das keine Rausschmisse, sondern “nur” Siege in Gruppenspielen. Wo wir wieder beim Modus gelandet wären. Heute gibt’s gefühlte 4 mal pro Saison Barcelona gegen Juventus. Ich kann mich kaum mehr an das letzte Champions League Finale erinnern, geschweige denn an die Halbfinals. Damals aber, mit Hin- und Rückspiel, waren solche Begegnungen richtige Ereignisse! Derbysiege fühlten sich ewig schön (oder eben bitter) an. Heute ist ja bald wieder Derby. Langeweile durch Überflutung, ganz übel! Deshalb bin ich für die 18er Liga, oder mira sogar 20. Im Paul Grüninger Stadion gefällts mir mindestens so gut wie im St.Jakob Park – ehrlich!

  14. admin says:

    Kummerbube zündet den Retro-Turbo – I like!

  15. Pauletta says:

    Mein zypriotischer Arbeitskollege sagt mir, dass in “seiner” Liga 14 Teams spielen und sein Team heute abend in der Champions League eine Runde weiterkommt!

    So gesehen müsste doch unsere League auch mit 12 oder mehr Mannschaften Super sein.

    Gruss, Pauletta

  16. David says:

    Kleingeist an Kleinhirn: deine Argumentation ist so inferior wie Leverkusens Abwehr. Das Duell Barca gegen Juve gab es in den letzten 42 Jahren gerade mal viermal. Und nur eines davon in der “fussballfeindlichen” Champions League.
    Das wirklich Schlimme an diesem Wettberwerb ist nicht die Gruppenphase, sondern die Zulassung von bis zu vier Teams pro Land. Mit einer Reduktion auf zwei Vereine für die Top 4 Länder käme es bereits zu einer beachtlichen Umverteilung und zu regelmässigen Einzügen von zypriotischen und schweizerischen Teams in den CL-Viertelfinal.

  17. Kummerbube says:

    Lieber Freund, das mit Barca vs Juve sollte als Beispiel hinhalten fuer sogenannte “Riesenspiele”. Ist ja nicht das Forum der Fussballstatistiker hier, oder? Ansonsten bin ich genau Deiner Meinung. Aber Monsieur Platini hat bisher anscheinend noch nichts unternommen, obwohl er dies mehrmals ansprach…

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