SBB und Sachschäden: von 3 Mio auf 100’000.-

Ein internes Papier der SBB zeigt, dass die Schäden, die Fussballfans an Extrazügen verüben, zehnmal geringer sind als angenommen: Statt 3 Millionen Franken jährlich, wie in zahlreichen Medienberichten zu lesen war, waren es 2009/2010 deutlich weniger als 300’000.-

Seit die WOZ vergangene Woche diese Zahlen publik gemacht hat, werden sie von den SBB relativiert: Die 225’503.65 Franken, so die laut SBB-Papier (s. Screenshot oben) exakte Schadenssumme für die Saison 2009/2010, seien ein rein buchhalterischer Wert ohne versteckte Schäden oder Kosten für Reparaturen und ohne die Schäden, die an den Bahnhöfen entstünden, sagen die SBB.

Ich habe nun versucht, die tatsächliche Sachschadenssumme zu erfahren, in der Annahme, die von den SBB seit langem kommunizierten ungedeckten Kosten von 3 Millionen Franken würden sich aus mehreren exakt erfassten Posten zusammensetzen. Die SBB aber nennen jene Summe, die versteckte Schäden, Reparaturen und Schäden an Bahnhöfen umfassen würde, auch auf Nachfragen hin nicht.

Somit bleibt eine abschliessende, einfache Rechnung mit den Zahlen, die zur Verfügung stehen:

Ulrich Gygi, Verwaltungsratspräsident der SBB, nennt in einem Interview mit der Aargauer Zeitung den Betrag von 13’000 Franken für Sachschäden, die YB-Fans auf Auswärtsfahrten in der Saison 2010/2011 angerichtet haben. Von YB, in dessen Beirat Gygi sitzt, ist zu erfahren, dass sich die Schadenssumme vergangene Saison im Vergleich zum Vorjahr halbiert hat. Das heisst: 2009/2010 müsste der von YB-Fans angerichtete Schaden rund 26’000.- betragen haben.

Zieht man nun das eingangs erwähnte und in der WOZ zitierte SBB-Papier zu Rate, wird ersichtlich, dass die Schadenssumme für YB 2009/2010 mit 27’056.- tatsächlich rund dem Doppelten der Folgesaison entspricht. Das heisst: Die Zahlen, mit denen SBB-Präsident Gygi operiert und an die Öffentlichkeit geht, stammen exakt aus jenen Berechnungen, deren Aussagekraft die SBB-Medienstelle relativieren möchte.

2009/2010 bewegte sich YB mit diesen 27’056.- im unteren Mittelfeld. Geht man nun davon aus – und etwas anderes bleibt einem mangels offizieller Zahlen nicht übrig – dass sich dies auch in der Folgesaison 2010/2011 so verhielt, ergibt sich für diese Periode für die 6 involvierten Vereine GC, FCZ, FCB, FCSG, FCL und YB ein Total von knapp 100’000 Franken Sachschaden, den Fussballfans auf Auswärtsfahrten angerichtet haben.

«3 Millionen Franken Sachschaden durch Fussballfans jährlich». Diese Schlagzeile, prominent verbreitet von Tagesschau bis Tages-Anzeiger, wollten die SBB nie dementieren. Nun sind wir bei 100’000 Franken.

100’000 Franken Sachschaden sind viel. Es sind aber dreissigmal weniger als jener Betrag, mit dem bislang Politik gemacht wurde. Die SBB möchten die Transportpflicht aufheben und Fussballfans nicht mehr auf eigene Kosten von A nach B befördern müssen. Das ist eine legitime politische Forderung. Nun ist, hoffentlich, etwas klarer, auf welchen Zahlen sie beruht.

 

This entry was posted in Allgemein. Bookmark the permalink.

4 Responses to SBB und Sachschäden: von 3 Mio auf 100’000.-

  1. Pingback: Die Lügen der SBB | Nation of Swine

  2. capitão says:

    Interessant wäre ein Vergleich zur Schadensumme, die bei der “normalen” Benutzung entsteht.

  3. Wers glaubt says:

    wird selig. Von einem Club oder einer Zahl auf andere zu schliessen ist auf jeden Fall falsch. Und auch da wird sehr grosszügig zu eigenen Gunsten gerundet (6x 27’000 /= 100000; sowieso nicht wenn 27000 unteres Mittelfeld bedeutet und ZH/BS in dieser Liste zu finden sind; und von einem 30-stel kann nicht die Rede sein wenn man die ~225000 dazu zählt). Dieser Beitrag versucht die SBB zu belehren und versagt gleichzeitig auf so vielen Ebenen, dass es peinlich ist.

    Und ja, wenn man sieht was in und ums Stadion geschieht, mit welcher Mentalität die Zuschauer vor Zerstörung keinen Halt machen und verbotene Fackeln zur “Kultur” gehören und das von den anderen Fans geduldet, ja sogar erwartet wird, dann habe ich jegliches Verständnis dafür, wenn die Öffentliche Hand dieselbige zurückzieht; Schadensumme ist da total sekundär.

    Ich bin ein grosser Freund des Sports und bin selbst Spitzensportler. Genau deshalb mochte ich den Fussball noch nie.

    Ich gehe davon aus, dass dieser Beitrag schon bald wieder gelöscht ist, was für mich die Bestätigung wäre, dass hier mehr krumme Dinge geschrieben wurden als bei der SBB.

  4. admin says:

    Lieber Wers glaubt, ich danke Ihnen für den interessanten Kommentar. Ich könnte Ihnen gerne noch ein paar Zahlen liefern, aber ich fürchte, Wers glaubt steht nicht im Telefonbuch. Und ich fürchte zudem, dass Sie sich von ein paar Zahlen nicht beeindrucken lassen.
    Zu Ihrem Missfallen wird Ihr Kommentar dennoch nicht gelöscht, weder bald noch sonst irgendwann. Was natürlich nicht heisst, dass hier nicht extrem krumme Dinge geschrieben werden. Da haben Sie natürlich völlig recht.
    Herzlich
    P. Claude

Comments are closed.