Zürcher Südkurve

“Im Schatten der Westtribüne liegt die Südkurve, in welcher das Fanklubvolk die Stellung hält, den Herren der Haupttribüne schräg gegenüber. “Das ist schon recht, dass die das Geld geben, aber fisi Sieche sind sie trotzdem.” So hat einer aus dem Fahnenwald, dessen Jeansmontur mit Klubabzeichen überdeckt ist, während einer der stillen, trüben Meisterschaftspartien es einmal gesagt. Die Sangeskunst, halb Selbstdarstellung, halb Beschwörungsformel, ist dumpfer, martialischer geworden. “Hardturmleute siegen heute”, hallt es im Sprechchor unnachgiebig aus der Südkurve, auch wenn der Alltag den Hardturm ernüchternd wieder hat und ein paar tausend Unentwegte Nachmittagsruhe zu halten scheinen. “Sieg! Sieg!” wird dazu aus einem Tross gefordert, die Fäuste reihenweise erhoben. Auf den Hardturm kommt die Jugend im Klubtrikot, aber wie es aussieht, ist sie nicht gänzlich abgeneigt, nach eigenem Gesetz inskünftig bandenmässig aufzutreten. Der Taumel der Begeisterung, wenigstens im Fussball soll er sein! Zur Hochstimmung gehören nicht nur am Stadtmatch die Raketen, die knatternd in der Nacht verglühen, die Bierdeckel, die zuhauf über das Gitter geflogen kommen, die Klosettrollen, die als Papierschlangen auf den Rasen niedergehen.”

Vorliegender Auszug stammt aus einem wunderbar anmütigen Zeitungsartikel von Fritz Hirzel vom 9. Oktober 1982, erschienen unter dem seltsamen Titel “Ein Tatort, der Geschichte hat, Planken mit Patina” im Tages-Anzeiger. Ungeachtet dessen, dass es eine Schande ist, nicht den gesamten Text zur Verfügung zu stellen (zu spät, um alles abzutippen, sorry, steigt selber ins Archiv), kommen bei der Lektüre dieser Zeilen ein paar brennende Fragen auf den Tisch: Standen die hartgesottenen GC-Fans früher im Süden ihres Stadions, also in der späteren Auswärtskurve? Benannten sie ihren Standort auch nach der Himmelsrichtung, in der er sich befand, oder tat dies nur der Journalist? Wer hat’s erfunden? Und nicht zuletzt: Warum holt niemand Fritz Hirzel zurück zum Tagi?

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One Response to Zürcher Südkurve

  1. Kummerbube says:

    In der Tat standen wir Hardturm’s Leute früher in Jeanskluft (bis 86/87 +/-) auf der Gegenseite. Nur nannte dies niemand Südkurve.

    Dafür waren die Zeiten besser, die Spieler sowieso, die Titel zahlreicher, die Wurst ab Grill und das Bier noch echt.

    “Früher war alles besser…” *Quelle: Wort zum Sonntag, Toten Hosen

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